Über das Leben junger Polit-Aktivistinnen

Rezension von „Radikal Mutig. Meine Anleitung zum Anderssein“ und „Augen zu gilt nicht. Auf der Suche nach einer gerechten Welt“

Was hat es zu bedeuten, wenn größere Verlage Bücher über das Leben junger „radikaler“ Aktivistinnen veröffentlichen – nicht die üblichen Biografien langjährig aktiver Polit-Profis, sondern von außerhalb der Szene eher unbekannten Menschen, die irgendwie so sind wie Du und ich (waren)?

Gleich zwei solcher Bücher sind 2009 erschienen. Hanna Poddig und Silvia Hable, beide Mitte 20, schildern darin ihr Leben, ihre politischen Ansichten, ihre Erlebnisse und Aktionen. Und wer in den letzten Jahren bei Feldbefreiungen, Castorblockaden, antimilitaristischen Protesten und Aktionscamps unterwegs war, ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit beiden, auf ganz unterschiedliche Weise auffallenden, Frauen irgendwo schon mal begegnet.

Silvia Hables „Augen zu gilt nicht. Auf der Suche nach einer gerechten Welt“ (Deutsche Verlags-Anstalt) ist eine Art Coming-of-age-Jugendroman, der zeigt, wie der jugendliche Ausbruch aus der kleinstädtisch-bürgerlichen Welt über die Punk-Szene in die autonom-alternative HausbesetzerInnen-Szene Berlins führt, mit Verlieben, Partys, Demos... und allem was dazugehört – angenehm leicht erzählt mit Selbstironie und Szenekritik.

Poddigs „Radikal mutig - Anleitung zum Andersein“ (Rotbuch) ist dagegen ein sehr aufklärerisches Buch, im Gegensatz zu Silvia Hable läßt Hanna Poddig die Lesenden fast nichts über ihre persönliche Geschichte erfahren und stürzt sich stattdessen Hals über Kopf in Lebensmittelcontainer und Aktionsschilderungen, sowie im Schnelldurchlauf durch Themen wie Ernährung, Anti-Militarismus, Atomkraft, Gentechnik.

Während Hanna Poddigs fehlende persönliche Biografie dem nicht-aktivistischen Lesenden möglicherweise einen anderen Zugang zu Aktivismus vorenthält, entsteht bei Silvia Hables Erzählungen leicht der Eindruck einer vorübergehenden radikalen Jugendphase. Gerade deshalb zeigen die beiden Bücher aber auch schön, was in Köpfen und Leben heutiger junger linker AktivistInnen vorgeht.

Zu hoffen wäre, dass diese beiden Bücher und die damit einhergehende Präsenz auch in anderen Medien – Hanna Poddig ist seit Erscheinen ihres Buches immer wieder in Fernsehinterviews zu sehen - eine sich positiv verändernde mediale oder gar gesellschaftliche Haltung zu radikalem, linkem Aktivismus anzeigen würden, und Verständnis schaffen könnten für linkes Denken und Handeln, im besten Falle sogar zu eigenem Handeln anregen.

Angesichts der üblichen Mediendiskurse und der Tatsache, dass aktuell von der Bundesregierung sehr erfolgreich das gesellschaftliche Feindbild „linker Extremismus“ neu beschworen wird, bleibt dies aber wohl leider eher ein Wunsch.
Um so mehr sind die beiden Bücher wichtige und lesenswerte Zeugnisse eines radikalen Andersseins.

Silvia Hable: Augen zu gilt nicht. Auf der Suche nach einer gerechten Welt. Deutsche Verlags-Anstalt, 2009

Hanna Poddig: Radikal Mutig. Meine Anleitung zum Anderssein. Rotbuch, 2009


Marc Amann

attac-Aktionsakademie 2010, 2.-6. Juni in Bonn

Die Aktionsakademie wird organisiert von attac, ist offen für alle, die sich für Aktionsformen interessieren. Zahlreiche Workshops und Seminare.
http://www.attac.de/aktuell/aktionsakademie/startseite

Alles ist möglich! Rezension von „Urban Interventions. Personal Projects in Public Spaces“ (Gestalten, Berlin 2010)

Das Durchblättern des Bildbandes Urban Interventions. Personal Projects in Public Spaces (Gestalten, Berlin 2010) entlockt mir auf jeder Seite wieder neu ein „Oh“ und „Ah“, Staunen über die Einfachheit kleiner, quasi so naheliegender Ideen von Umgestaltungen und Veränderungen von Dingen im öffentlichen Raum („Klar, hätte mir doch auch einfallen können...“) wechseln mit Ungläubigkeit über die Verrücktheit, Größe und den Aufwand anderer Aktionen und Kunstwerke.

Da entwachsen aus Mülleimern riesige Müllmonster, an Denkmälern wird geschaukelt, Straßenmarkierungen werden zu skurrilen Mustern, Moos wächst als lebendiges Graffiti an Wänden, Bäume tragen Jacken, Parkuhren Häkelsocken. Die Nutzungsmöglichkeiten von Containern (als Garten, Badewanne, Zeltplatz,...) und Parkplätzen werden erforscht, kleine Nischen in verwinkelten Ecken als Wohnraum genutzt. Straßenlaternen biegen sich, Absperrgitter türmen sich auf, aus Wänden sprießen irre Formen, Stromkästen mutieren zu kleinen Hochhäusern oder werden unsichtbar. In Mauerritzen entstehen Spielwelten, geheime Botschaften warten auf Entdeckung. Sitzbänke werden vergoldet oder mit Münzautomaten ausgestattet oder in 2 Meter Höhe angebracht, Rohr-Würmer brechen sich durch die Straße ins Freie, aus Werbeplakaten rollen sich Topfpflanzenhalterungen. An Luftschächten blähen sich Plastiktiere auf, Fellgraffiti macht Wände lebendig. Altkleidersammelboxen werden zu Luxusautoabgabestellen. Luftballons besetzen Telefonhäuschen, Menschenhaufen türmen sich in Treppenabgängen.
Diese urbanen Interventionen erweitern, was sich bisher als „Street Art“ vor allem durch Poster, Sticker, Stencils und Graffiti auf Flächen Ausdruck verschafft hat. Die Stadt als Spielplatz und nichts, was nicht Spielzeug sein könnte – was nicht benutzt, umgestaltet, verändert werden könnte. Der öffentliche Raum als Kunstwerk und Ausstellung. Nicht nur zum Gucken und Staunen, sondern zum Schaukeln und Draufsitzen, zum Drüberstolpern und Mitgestalten.

Dabei liefert „Urban Interventions“ auch eine Menge Ideen und Inspirationen für die Umsetzung politischer Themen, nicht zufällig finden sich unter den vielen dargestellten Interventionen auch Radioballett, politische Plakate und Adbustings, die Yes Men und Flash Mob-artige Performances.

Großartig!

R. Klanten, M. Huebner: Urban Interventions. Personal Projects in Public Spaces.
Gestalten, Berlin 2010
44.- Euro

Auf der Verlagsseite sind auch einige Buchseiten anzuschauen:
http://www.gestalten.com/books/detail?id=ceafb21a24b0f7bc01253143968200eb

"Trojas Puppenkiste" ist jetzt "Trojas Puppenkasten"

Nachdem das unkommerzielle politische Figurentheaterprojekt Trojas Puppenkiste im Mai 2008 von der bekannten Augsburger Puppenkiste unter Androhung einer Unterlassungsklage und Schadensersatzansprüchen dazu gezwungen wurde, den Namen “Puppenkiste” aufzugeben (zu den Hintergründen siehe: http://kreativerstrassenprotest.twoday.net/stories/5293714/ ), hat das Projekt nun endlich einen neuen Namen und ein Weblog:

Trojas Puppenkasten: http://trojaspuppenkasten.wordpress.com/

Herzlich willkommen,
Vorhang auf, Straße frei und die Puppen losgelassen!!!

History of Radical Puppetry

K. Ruby hat einen längeren Text über die Geschichte des politischen Figurentheaters auf ihrer Homepage:
http://www.rogueruby.com/radpup.html

Treffen der RAK/Rotzfrechen Asphalt Kultur (Kiel, Mai 2010)

"Die Rotzfreche Asphalt Kultur (RAK) ist ein Zusammenschluss linker Straßenmusiker_innen, Kabarettist_innen und Theaterleute. Seit nunmehr 30 Jahren machen die RAKis in unterschiedlichen Be­setzun­gen und Generationen die Straßen unsicher mit dem Versuch, etwas Chaos und Träume in die Köpfe zu streuen und den grauen Alltag umzukrempeln.
Nach vielen Jahren Abwesenheit im Untergrund ist es nun endlich wieder soweit. Im Mai 2010 [27. - 31.Mai] findet in Kiel, im Kulturzentrum Hansa 48, das nächste RAK-Treffen statt. Mehr als 40 MusikerInnen, Theaterleute und Kabarettist_innen aus unterschiedlichen Bands präsentieren dann auch in einem großen Galaabend verschiedene Schattierungen politisch engagierter Musik und Gegenkultur. Die Rotzfreche Asphaltkultur lebt!"

http://www.rak-treffen.de/

Zur Geschichte der RAK "Rotzfreche Asphaltkultur 1978-2010":
http://www.musikwerkstatt-rzeszut.de/index.php/mwr/artikel/rotzfreche_asphaltkultur_1978-2010/

Und anläßlich des Treffens gibt es jetzt auch das RAK-Kapitel von Reiner Baur aus go.stop.act! online:
http://www.rak-treffen.de/go-stop-act__RAK.pdf

Tierversuchs-Jagd nach Schweinen und Kühen in Hannovers Innenstadt (September 2009)

"Aktionswoche gegen Tierversuche und Boehringer in Hannover...
Am gestrigen Montag, wurden ca. 15 Schweine und Kühe durch die U-Bahn, den Bahnhof und die Innenstadt Hannovers getrieben, von 3 Dr. Boehringers in weißen Kitteln, Mundschutz und mit großer Spritze.
Für die freie Wissenschaft mussten die Tiere an vielen zentralen Plätzen tot-gespritzt werden. Anfangs viel es den Dr. Boehringers nicht immer leicht die ausbüchsenden Tiere zusammenzutreiben, und teils gab es wilde Verfolgungsjagten durch die Innenstadt. Nach gut 20 Minuten bekamen die DoktorInnen dann aber Unterstützung durch die Ordnungshüter, welche halfen die Herde zusammenzuhalten. Dr. Boehringer bedankte sich für die Unterstützung, sowie für die gute Zusammenarbeit zwischen Boehringer und der Polizei auch in der Vergangenheit. Auf Unverständniss auf seiten der Boehringers stoß aber dass die Polizei nach einem Versammlungsleiter und nach Ausweißen fragte. Denn wofür brauchen Tiere denn Ausweiße, und warum sollte Boehringer sich Ausweißen müssen. Da wäre doch die freie Wissenschaft in Gefahr... "
http://de.indymedia.org/2009/09/260168.shtml

Urban Interventions. Personal Projects in Public Spaces. Gestalten, Berlin 2010

Einen wunderbaren Bildband mit Installationen, Skulpturen... mit „street art“ in einem erweiterten Sinn, hat der Gestalten Verlag gerade herausgebracht.
Demnächst gibt’s hier eine ausführliche Besprechung des Buches, hingewiesen und allen Street Art-Begeisterten empfohlen sei es aber hiermit schon mal. Auf der Verlagsseite sind auch einige Seiten des Buches anzuschauen:
http://www.gestalten.com/books/detail?id=ceafb21a24b0f7bc01253143968200eb

Und als Buchtipp bei rebel:art:
http://www.rebelart.net/diary/buchtipp-urban-interventions-personal-projects-in-public-places/003062/

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