Rezension: Grothe, Nicole: Kunst oder Politik? Künstlerische Praxis in der neoliberalen Stadt

Nicole Grothe:
InnenStadtAktion. Kunst oder Politik? Künstlerische Praxis in der neoliberalen Stadt.
transcript, 2005

Unter dem Titel „InnenStadtAktion!“ fanden im Sommer 1997 und 1998 zeitgleich in Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz Aktionstage gegen den Diskurs der „Inneren Sicherheit“, die Privatisierung öffentlicher Räume und die damit verbundene Ausgrenzung und Vertreibung bestimmter Personengruppen statt. Die Aktionstage zeichneten sich aus durch eine bunte Mischung unterschiedlichster Veranstaltungsformen und Interventionen im öffentlichen Raum, getragen wurden sie von Gruppen und Einzelpersonen aus dem Kunstbereich sowie linksradikalen Zusammenhängen.

Nicole Grothe geht in „InnenStadtAktion. Kunst oder Politik?“ aus kunsthistorischer Perspektive der Frage nach, welche Rolle Kunst bei der Frage „Wem gehört die Stadt“ – einem Motto der InnenStadtAktionen – spielt, sowohl in Form der Durchsetzung neoliberaler Umstrukturierungen als auch in Form künstlerischer Kritik daran.

Dafür stellt sie zu Beginn ausführlich die Prozesse neoliberaler Stadtpolitik und Standortkonkurrenz unter Einfluss des Diskurses von „Innerer Sicherheit“ und „Zero Tolerance“ in den 90er Jahren dar, die die Privatisierung öffentlicher Plätze, sowie Marginalisierung, Ausgrenzung und Vertreibung von Obdachlosen, DrogenkonsumentInnen, MigrantInnen sowie generell nicht ins aufpolierte Stadtbild passenden und nicht auf kommerziellen Konsum ausgerichteten Personen zur Folge hatte.

Die Rolle und Funktion, die Kunst innerhalb dieser Prozesse im öffentlichen Raum in den 90er Jahren spielte, zeigt Grothe exemplarisch anhand dreier Projekte.
Der Skulpturenrundgang der Stiftung DaimlerChrysler am Potsdamer Platz in Berlin wird als Beispiel für einen mit Kunst gestalteten „gesäuberten“ ehemals öffentlichen, nun privatisierten Platz beschrieben, das Projekt „Skulptur. Projekte in Münster 1997“ als ein Großprojekt, das sich zwar mit Fragen des öffentlichen Raums beschäftigt, dabei aber viele zentrale Fragen (z.B. nach Teilöffentlichkeiten) ausblendet und schließlich die „documenta X“, die kritischer Kunst eine Bühne bietet, dabei aber selbst Standortfaktor und Motor innerstädtischer Umgestaltung und sozialer Ausgrenzung in Kassel ist.

Nach einem Überblick über politische/aktivistische Kunst in den 90er Jahren, werden als Beispiele von Kunst, die diese Prozesse problematisiert und sich mit dem Leben von Marginalisierten in der neoliberalen Stadt beschäftigt, drei weitere Projekte ausführlich geschildert. Die Kategorien von Holger Kube Ventura (Informationskunst, Impulskunst, Interventionskunst) dienen dabei als Beschreibung der Ausrichtung und Zielsetzung dieser Projekte.
Martha Rosslers Projekt „If you lived here...“ (New York, Ende 80er Jahre) bestehend aus Ausstellungen über die Umstrukturierung Sohos und offenen Diskussionsveranstaltungen wird als „Informationskunst (als taktisches Medium)” geschildert. Christoph Schlingensiefs “Passion Impossible – 7 Tage Notruf für Deutschland (eine Bahnhofsmission)“, bei dem 1997 am Hamburger Hauptbahnhof zusammen mit Marginalisierten eine Reihe konfrontativer Aktionen veranstaltet wurden, wird als „Impulskunst (als trigger)“ gekennzeichnet, da hierbei kollektive Äußerungen der Betroffenen ausgelöst werden konnten.
Projekte der KünstlerInnengruppe „Wochenklausur“, die mit Ressourcen des Kunstbetriebs „soziale Projekte“ initiieren, die tatsächliche Verbesserungen für Betroffene bringen sollen und längerfristig weiterlaufen, entsprechen der Kategorie der „Interventionskunst (als Realpolitik)“.

Schließlich wird dann umfassend die Entstehung der „InnenStadtAktionstage“ und deren Vorläuferkonferenzen und -treffen sowie Debatten in künstlerischen wie aktivistischen Kreisen nachgezeichnet, wobei die Besonderheit der InnenStadtAktionen gerade darin gesehen wird, dass sie „weder von den Beteiligten, noch in der Rezeption als Kunstaktion bezeichnet“ wurden. Um Zielsetzung und Ausrichtung vieler der Aktionen, die im Kontext der InnenStadtAktionstage durchgeführt wurden zu analysieren, werden Konzepte und Herangehensweisen der Kommunikationsguerilla dargestellt und wiederum die Kategorien Kube Venturas genutzt (eine Rezension von „InnenStadtAktion. Kunst oder Politik?“ mit Schwerpunkt auf der darin vorgenommenen Untersuchung der InnenStadtAktionen mittels Theorien und Praktiken der Kommunikationsguerilla siehe unter: http://kommunikationsguerilla.twoday.net/stories/1043252 ). Dabei verweist Grothe aber auf das explizite Anliegen der InitiatorInnen, diese Aktionstage in erster Linie als Herstellung von Gegenöffentlichkeit zu begreifen, mittels subversiver wie auch aufklärerischer Formen.

Detailliert beschrieben und untersucht werden dann zahlreiche InnenStadtAktionen in Köln, Berlin und Düsseldorf, sowie die „A-Clips“-Film-Interventionen im Kinoraum.
Abschließend wird kritisch die spezifische Rolle der beteiligten KünstlerInnen, die Problematik von StellvertreterInnenpolitik, Symbolpolitik, Selbstreferenzialität und Distinktionsgewinn betrachtet. Die im Titel gestellte Frage „Kunst oder Politik?“ kann Grothe nicht beantworten, da „die InnenStadtAktionen gerade die Ausschließlichkeit, die in dieser Frage impliziert ist, unterläuft“. Einen Erfolg der InnenStadtAktionen sieht Grothe dann auch v.a. darin, dass über verschiedene Szenen hinweg zusammengearbeitet und gemeinsam eine inhaltliche Kritik artikuliert wurde. Gesamt gesehen ordnet sie die Aktionen der „Impulskunst (als trigger)“ zu, da damit versucht wurde, etwas auszulösen, in Gang zu setzen.

Für die aktivistische Praxis ist „InnenStadtAktion. Kunst oder Politik?“ nicht wegen der Frage nach Kunst oder Politik interessant (da verhält es sich, wie mit der Kommunikationsguerilla: „Kommunikationsguerilla interessiert sich nicht für die Qualität von Kunst nach den Kriterien der Kunstgeschichte, sondern für die Brauchbarkeit ihrer ästhetischen Mittel für eine subversive Praxis“), sondern wegen der Nachzeichnung der Inhalte und Hintergründe einer Kampagne, die Personen und Gruppen verschiedener Felder umfasste und viel Kreativität in die Frage nach der Vermittlung politischer Inhalte brachte. Auch zeigt das Buch, wie Aktionen nach ihren Herangehensweisen und Effekten kategorisiert werden können und liefert damit auch Ansätze für Planung und Auswertung von Aktionen.

Diese Rezension wurde leicht überarbeitet auch veröffentlicht in:
ak - analyse und kritik Nr. 503

Radioballett Freiburg Dez. 2005

Radioballett zum Thema und zur Unterstützung der geräumten Wagenburg "Schattenparker".
Bericht und Fotos unter:
http://germany.indymedia.org/2005/11/132629.shtml

Puppen bei größten Protesten in der Geschichte Australiens (Nov. 2005)

Bericht und ein Foto mit Großpuppen bei den Protesten:
http://germany.indymedia.org/2005/11/132629.shtml

Tagung ZUGABE, ziviler Ungehorsam (Wendland, Feb. 2006)

Ziviler Ungehorsam hat schon oft die politische Wirklichkeit verändert. Ob in Mutlangen, Büchel, Gorleben oder der freien Heide, ob gegen Atomkraft, Gentechnik oder gegen den Krieg: Sehr viele Menschen haben sich aus unterschiedlichen Anlässen an gewaltfreien Aktionen beteiligt. Von der Sitzblockade über Feldbesetzungen bis hin zu neuen Formen der Kommunikationsguerilla: die Formen sind vielfältig und haben sich mit der Zeit auch verändert. Es ist Zeit, in dieser Vielfalt zusammenzukommen - deshalb diese Tagung!

http://www.tagung-zugabe.de/

Antipup und Adbusting (Frankreich, Dez. 2005))

Neues von der „Antipub“-Bewegung (Werbungsgegner) aus Frankreich, u.a. Adbusting-Aktionen:

http://germany.indymedia.org/2005/12/135290.shtml

Tanzguerilla Berlin

Was ist die Tanzguerilla?
Wir tanzen an öffentlichen Orten, an denen dies normalerweise keiner tut, z.B. in der U-Bahn, im Supermarkt, im Einkaufszentrum oder auf Berliner Straßen und Plätzen. Entweder tanzt jedeR zu seiner eigenen Musik vom Walkman, Mp3-Player etc., oder wir haben einen Ghettoblaster dabei. JedeR tanzt so, wie (und wann) er oder sie Lust hat. Einzige Regel bei unseren Dance-Ins: Niemanden physisch belästigen (anrempeln o.ä.).

Wer ist der Tanzgorilla?
Wir sind eine Gruppe von Leuten zwischen ca. 20 und 40 Jahren, die sich im April 2003 in Berlin gegründet hat. Organisiert werden die Aktionen über einen Mailverteiler, in den Interessierte gerne aufgenommen werden. Einfach hinschreiben, und Ihr seid immer auf dem Laufenden! (Mail-Adresse siehe Kontakt, ca. 1 Mail pro Monat)

Was will die Tanzguerilla?
Wir wollen nicht alle das Gleiche, aber einige haben z.B. folgende Ziele:
- in erster Linie: Spaß haben!
- so ganz nebenbei und quasi implizit: Erhalt öffentlicher Räume, gegen ihre Privatisierung und Überwachung
- an Orten rumtanzen, wo man das immer schon mal machen wollte, mit viel Platz, vielen Leuten und cooler Atmosphäre
- kommunizieren, provozieren, ausprobieren
- Rock´n Roll!! Der Geschmack von Freiheit und Abenteuer! Sitz- und Stehboykott! (...)

http://www.tanzguerilla.de/

Große Puppe bei Protesten gegen WTO (HongKong, Dez. 2005)

Foto von einer sehr kugeligen Saurus-WTO-Figur unter:
http://germany.indymedia.org/2005/12/134957.shtml

Puppentheater-Archiv bei HappyFeet Travels

unter:
http://happyfeettravels.org/index.php/category/puppets/

Riesen-Marionetten (Nantes, 2005)

Nicht politisch, aber ein beeindruckendes Spektakel mit riiiiiiesigen Figuren bzw. Marionetten:

Fotos unter:
http://www.nantes.fr/ext/royal_de_luxe_2005/index.asp

The Change Agency

The Change Agency is a small, independent and unincorporated not-for-profit initiative. The Change Agency team are passionately committed to building capacity for sustainable and effective environmental and social change. Our mission is to strengthen community and workplace action for social, ecological and economic justice by providing facilitation, workshops, training resources, research and other learning opportunities.

http://www.thechangeagency.org

smartMeme collective

The smartMeme collective is a group of skilled, creative and dedicated change agents who work to support grassroots movements with strategy and training resources, values based communications tools, and meme campaigning. We work to build a culture of strategy, vision, and change, connecting struggles for democracy, peace, justice, and ecological sanity.
SmartMeme is a one-stop-shop for strategic consultation, messaging, and design. We help grassroots groups magnify their impact by linking traditional organizing and movement building skills with values based messaging, narrative concepts and creative action. We provide direct support either through sliding scale, fee-for-service work or through our STORY youth training program. SmartMeme also collaborates with our allies to concept and implement meme campaigns that promote new ideas and creative actions.

http://smartmeme.com

Volxtheater: Geldstrafen für politische Kunst (Sept. 2005)

"Ein oberösterreichisches Bezirksgericht verurteilte vier AktivistInnen der Volxtheaterkarawane zu teils bedingten, teils unbedingten Geldstrafen. Wegen einer Kunstaktion zu Biometrie im Sommer 2003 wurden sie wegen Täuschung und Amtsanmaßung angeklagt. Das sich über ein Jahr streckende Gerichtsverfahren endete vergangene Woche."

Bericht mit weiteren Links unter:
http://germany.indymedia.org/2005/10/130785.shtml

Transpiaktion gegen Abschiebungen (Bielefeld, Dez. 2005)

"In Bielefeld werden vom 5.12 bis zum 12.12 in zahlreichen Einrichtungen Transparente gegen staatlichen Rassismus und Abschiebung rausgehängt.
Anlässlich der (...) Innenministerkonferenz sowie dem internationalem Tag der Menschenrechte (...)."

http://germany.indymedia.org/2005/12/134490.shtml

"Lichter der Hoffnung" (Neuruppin, Nov. 2005)

"An verschiedenen symbolisch für Neuruppin stehenden Orten (Fontanedenkmal, Parzival, Klosterkirche, Wiechmanlinde, Schinkeldenkmal..) wurden einzelne Kerzen der Hoffnung errichtet und angezündet. Es sind Lichter im Schatten der Abschiebung. Sie sollen zum Denken anregen, einerseits Hoffnung bringen und andererseits die Tragödie des Abschiebeprozesses anzeigen still und unbemerkt."

Bericht und Fotos:
http://germany.indymedia.org/2005/11/134079.shtml

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